Ade Pullach, Servus Baierbrunn: Tiny PopUp München zieht in den Süden
Im Mai wars soweit: das Tiny House hat seine Zelte in Pullach abgebrochen und beginnt einen Neustart sieben Kilometer weiter südlich – im schönen Buchenhain in Baierbrunn. Lange war nicht klar, wo es uns hin verschlagen würde – nach der Schreckensnachricht, das Grundstück in Pullach verlassen zu müssen. Umso erleichterter sind wir, in Baierbrunn eine längere Perspektive zu haben. Aber wieso mussten wir überhaupt umziehen? Wie hängt das mit der massiven Wohnungskrise im Raum München zusammen? Und wie ist es, wenn das eigene Haus auf der Straße fährt?
Alles neu macht der Mai
Im Oktober 2023 erfuhren wir vom Tod des Grundstückseigentümers in Pullach und mussten rasch handeln, denn die grüne Oase sollte so schnell wie möglich verkauft werden. Und zwar ohne Mieterschaft drauf, um einen möglichst hohen Erlös zu erzielen. Der verstorbene Eigentümer, der keine Nachkommen hatte, wollte mit seinem Besitz Verantwortung übernehmen und hat es wohltätigen Organisationen vermacht. Was oft unter den Tisch fällt: auch diese wohltätigen Einrichtungen müssen meist zum Marktpreis verkaufen. Wem ein gemeinwohlorientierter Umgang mit seinem Eigentum am Herzen liegt, ist mit der Stiftung „Daheim im Viertel” besser beraten. Diese garantiert einen sozial verantwortungsvollen Umgang mit den übertragenen Liegenschaften.
Wohnen – DIE Frage unserer Zeit
Die hohen Bodenpreise, die in und um München zu den höchsten in Deutschland zählen und sich innerhalb von 30 Jahren vervielfacht haben, schaden dem gesellschaftlichen Zusammenhalt immer mehr. Die leistungslosen Profitsteigerungen durch die hohen Grundstückspreise konzentrieren sich bei wenigen Wohlhabenden oder fließen gleich ins Ausland ab.
Zurück bleiben die gesellschaftlichen Probleme, ausgelöst vom Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Altersarmut und Abhängigkeit vom Partner, die vor allem Frauen trifft. Denn die Miete übersteigt mittlerweile bei vielen die Rente. Durch den Mangel an bezahlbarem Wohnraum wird auch der Fachkräftemangel befeuert – insbesondere schlecht bezahlte, aber systemrelevante Fachkräfte fehlen, die sich die Gegend schlicht nicht mehr leisten können. Aber auch Familien und Studierende setzt dieser Wohnraummangel massiv unter Druck. Die Folgen: Stress, Existenzängste und Bildungsungerechtigkeit. Im Raum München, wo über 65 % der Menschen zur Miete leben, hat all dies bereits spürbare Konsequenzen.
Auf der anderen Seite stehen Häuser und Grundstücke in Bestlage reihenweise leer und verfallen. Ein Lichtblick hier sind Menschen, die verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert mit ihrem Eigentum umgehen und die wir im Rahmen unserer Suche auch kennenlernen durften.
Wo Profit und Gewinnstreben walten, lässt sich keine Natur erhalten
Im Hinblick auf diese Marktmechanismen war uns klar: wir müssen rasch eine neue Fläche finden. Denn in Pullach wurde es zunehmend ungemütlich. Auch durch eine sehr gewagte Auslegung von “Baumpflege”, die eher einem Kahlschlag dieses beliebten Refugiums für diverse Vögel, Insekten, Eichhörnchen und Igel glich. Alles, was der Profitmaximierung im Wege steht, muss entfernt werden: Mensch, Natur und Tier. Das am eigenen Leib mitzuerleben, war eine sehr existenzielle Erfahrung.
So nervenaufreibend die Situation war – die vielen Menschen, die uns halfen und zu uns hielten, machten uns Hoffnung. Pullach, und vor allem Großhesselohe, ist eben nicht nur geprägt von Wohlstandsverwahrlosung und Vereinsamung im Luxus, sondern auch von Herzlichkeit und Miteinander. Trotz des abrupten Endes schätzen wir sehr die Zeit, die wir dort verbringen konnten.
Über unser aufgebautes Netzwerk traten wir mit der Gemeinde Baierbrunn und dortigen Grundstückseigentümer*innen in Kontakt. Als der Antrag dann im April vom Gemeinderat abgesegnet wurde, war für uns die Entscheidung klar: wir bauen unsere Zelte in Pullach so schnell wie möglich ab und beginnen einen Neustart in Baierbrunn.
Für diejenigen, die auch auf der Suche nach einem Tiny House Grundstück sind, führen wir übrigens am 19.7. ein weiteres mal einen Grundstücks-Workshop durch.
Auch Claudia & Nikolaus, die im Haus zur Miete waren, müssen weiter ziehen. Sie sind nach wie vor auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Falls du also irgend etwas weisst oder eine Idee hast, meld dich gerne bei uns oder schreib ihnen direkt.
Wenn das Haus auf der Straße davon fährt..
So toll es ist, mit dem eigenen Haus den Ort wechseln zu können: es bedeutet auch Aufregung und Stress. Beim Zusammenpacken mussten wir feststellen, dass wir doch nicht so minimalistisch leben wie gedacht. Vor allem durch das Gärtnern hat sich einiges sperriges Zeugs angesammelt: Paletten, Hochbeete, Blumenstauden, Gartengeräte, Töpfchen, Blumenkästen und viel tolle Erde. All das wollten wir natürlich nicht zurücklassen. Zum Leidwesen unserer Helfer*innen ;-) Außerdem gilt es vor einem Umzug mit Tiny House auch einiges an Genehmigungen zu organisieren. Und am allerwichtigsten: ein geeignetes Zugfahrzeug samt Ein- und Ausparkprofis. Im Umzugs-Blogartikel vor zwei Jahren haben wir das alles detailliert für euch zusammengefasst.
Mitte Mai war es dann soweit: mit Unimog, Jeep und Seilwinde wurde unser Tiny House aus dem Villengrundstück in Pullach manövriert und nach ein bisschen Landstraße auch zügig auf die neue Fläche in Baierbrunn rangiert. Um neun mit Rausziehen gestartet und um punkt 12 auf den Glockenschlag stand das Haus richtig am neuen Ort! Die beiden Profis haben hier millimetergenaue Arbeit geleistet und hatten sichtlich Spaß, mal ein Tiny House zu ziehen mit ihrem schweren Geschütz. Aber am allermeisten hatten wir Glück mit dem Wetter. Wäre der Umzug eine Woche später gewesen, wären wir wohl abgesoffen.
Jetzt sind wir zwar erst seit kurzem am neuen Ort, aber fühlen uns schon jetzt richtig wohl und willkommen.
Ein riesiges Dankeschön an alle, die uns so tatkräftig unterstützt und sich für uns eingesetzt haben!
Insbesondere an Karin und Stefan von Mittendrin in Baierbrunn und dem Gemeinschaftsgarten, an Pauline und Christoph, an den Gemeinderat & Verwaltung in Baierbrunn und Bürgermeister Patrick Ott, an unsere vielen tatkräftigen Helferinnen und Helfer beim Umzug und die tollen Fahrer, an unsere neuen und alten Nachbarinnen und Nachbarn, und alle, die wir jetzt vergessen haben: Schön, dass es euch alle gibt!